Viele Diesel-Fahrer fragen sich angesichts drohender Fahrverbote, was sie bei zivilgerichtlichen Klagen gegen Autohändler oder Fahrzeug-Hersteller erreichen können. Inzwischen gibt es, vor allem im Falle des VW-Konzerns, eine ganze Reihe von landgerichtlichen Entscheidungen, die den Geschädigten mit teils drastischen Formulierungen gegenüber dem VW-Konzern Recht geben. In aller Regel versucht Volkswagen, obergerichtliche Entscheidungen von OLG zu vermeiden.
Folgende Tendenzen zeichnen sich ab:
1. Klagen gegen Autohändler
Klagen gegen Autohändler auf Gewährleistungsrechte aus dem Kaufvertrag dürften in aller Regel seit dem 31.12.17 verjährt sein. Anders kann dies sein, wenn der Händler Teil des VW-Konzerns ist und sich deshalb nach der Rechtsprechung sowohl dessen Verhalten, als auch dessen Erklärungen zurechnen lassen muss. So haben etwa VW und die Tochtergesellschaften Audi, Seat und Skoda ihren Kunden beim Software-Update ausdrücklich versichert, dass sie innerhalb von zwei Jahren nach dem Update keinerlei Rechtsverluste erleiden. In diesen Fällen kommt es deshalb auf den Zeitpunkt des Updates an. In aller Regel dürften dann die zwei Jahre noch nicht vergangen sein, da das Update erst im Laufe des späteren Jahres 2016 breit eingesetzt wurde.
In Betracht kommt in diesen Fällen ein Rücktritt vom Vertrag mit gegenseitigen Rückgewähransprüchen. Damit ist das Fahrzeug gegen den Kaufpreis zurückzugeben. Allerdings muss sich der Käufer in der Regel einen Nutzungsersatz anrechnen lassen. In aller Regel legen die Gerichte dabei eine Gesamtlaufleistung von 250.000 km zugrunde, in Eintzelfällen auch 300.000 km. Der Nutzungsersatz berechnet sich dann in einem einfachen Dreisatz vom ursprünglichen Kaufvertrag.
Handelt es sich um einen Neuwagen oder einen gleichartigen von mehreren Gebrauchtwagen, kommen den Geschädigten die Vorschriften des Verbrauchsgüterkaufs zugute. Dann kann Ersatzlieferung eines neuen bzw. gleichartigen Gebrauchtwagens verlangt werden, ohne dass eine Nutzungsentschädigung zu zahlen wäre. Überall, wo dies möglich ist, wäre dies der bessere Weg - vorausgesetzt, der Geschädigte will auch künftig einen Diesel fahren.
2. Ansprüche gegen die VW AG
Allen Geschädigten mit Fahrzeugen des VW-Konzerns (VW, Audi, Seat, Skoda, Porsche) stehen darüber hinaus deliktische Ansprüche gegen die VW AG als Schadensverursacher der betrügerischen Abgasreinigung zu. Diese Ansprüche bestehen in der "Rückgabe" des Fahrzeugs an die VW AG gegen den Kaufpreis. Hierbei muss sich der Käufer allerdings eine Nutzungsentschädigung (s.o.) anrechnen lassen.
Nach neuerer Rechtsprechung des Landgerichts Hamburg vom März 2018 ist es für die Ansprüche nicht entscheidend, ob bereits ein Software-Update durchgeführt wurde. Denn dieses wird als eine nicht ausreichende Nachbesserung angesehen. Tatsächlich erfüllen die Fahrzeuge auch nach dem Software-Update nicht die einschlägigen EU-Grenzwerte für den NOx-Ausstoß. Und es sprechen auch gewichtige Gründe dafür, dass verschiedene Hersteller, darunter wiederum Volkswagen bei ihrem Update, in die Software der Abgasreinigung verbotene Abschalteinrichtungen eingebaut haben, die auf Außentemperaturen reagieren. Unterhalb bestimmter Außentemperaturen schalten diese Programmierungen die Abgasreinigung einfach ab.
Angesichts der immer häufiger zu Gunsten der Geschädigten ausfallenden Gerichtsentscheidungen übernehmen in aller Regel bestehende Rechtsschutzversicherungen klaglos das Prozessrisiko.
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